Was sind eigentlich Antikörper und wie aussagekräftig ist ein Antikörpertest? Das erläutere ich Ihnen gerne.
Was sind Antikörper?
Antikörper sind Eiweiße, die vom Immunsystem meist als Abwehrreaktion auf den Kontakt mit einem Fremdstoff (Antigen) produziert werden.
Besonders spannend finde ich die Geschichte ihrer Entdeckung: Emil von Behring (1854–1917) gelang es 1890 mit seinem japanischen Kollegen Shibasaburo Kitasato (1852–1931) erstmals nachzuweisen, dass es möglich war, „Bakterientoxine“ durch „Antitoxine“ zu neutralisieren. Bei diesen „Antitoxinen“ handelt es sich um Antikörper, die er aus dem Blutserum von Genesenden oder Labortieren wie Pferden, Rindern oder Ziegen gewonnen hatte. Sie erwiesen sich als lebensrettend, wenn sie Erkrankten verabreicht wurden. Mit der Entwicklung der Serumtherapie gegen Diphtherie und Tetanus existierte erstmals ein Mittel, das in der Lage war, bereits ausgebrochene Infektionskrankheiten mithilfe von Antitoxinen zu bekämpfen. Dafür erhielt von Behring 1901 den ersten Nobelpreis für Medizin. Vielleicht haben Sie den TV-Mehrteiler Charité gesehen, in dem die Arbeit von Behrings gezeigt wurde.
Welche Arten von Antikörpern gibt es?
Antikörper, die auch unter dem Begriff Immunglobuline bekannt sind, werden in fünf verschiedene Klassen eingeteilt:
Immunglobulin M (IgM), G (IgG), E (IgE), A (IgA), D (IgD)
Die wichtigsten Antikörper sind IgM und IgG. Bei der Erstinfektion mit einem Erreger wird sofort IgM gebildet. Es ist somit das Zeichen einer frischen Infektion. IgG findet man bei chronischen Infektionen oder wenn solche bereits durchgemacht wurden. IgG wird erst einige Wochen nach Infektionsbeginn gebildet. Dies nennt man auch die Entwicklung des „immunologischen Gedächtnisses“. Kommt der Körper ein weiteres Mal mit dem gleichen Erreger in Kontakt, werden von bestimmten „Gedächtniszellen“, den B-Lymphozyten, sofort die passenden Antikörper gebildet. Diese machen den Erreger unschädlich und schützen so vor einer Infektion. Dieses immunologische Gedächtnis ist auch dafür verantwortlich, dass man Krankheiten wie Masern nur einmal im Leben bekommt.
Was sind Antigene?
Antigene sind Stoffe, die eine Immunreaktion im Körper auslösen. Dies können körperfremde Substanzen sein, wie Bakterien, Pilze oder Parasiten. Die Immunreaktion löst je nach Antigen unterschiedliche Symptome aus wie z. B. Fieber, Husten, Durchfall oder auch Juckreiz und Augentränen bei der Pollenallergie.
Aber auch körpereigene Stoffe können solch eine Abwehrreaktion hervorrufen. In diesem Fall spricht man von einer Autoimmunerkrankung. Das eigene Immunsystem richtet sich gegen körpereigene, gesunde Zellen und produziert sog. Autoantikörper. Beispiele für diese Erkrankungen sind Schuppenflechte, rheumatoide Arthritis und die autoimmune Schilddrüsenerkrankungen Hashimoto-Thyreoiditis.
Wie wirken Antikörper?
Treffen Antikörper auf Antigene, so findet eine Immunreaktion nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ statt. Antigene und Antikörper können sich nur verbinden, wenn sie wie ein Schlüssel in das passende Schloss passen. So entstehen Antigen-Antikörper-Komplexe, die von anderen Zellen des Immunsystems aufgenommen und zerstört werden können. Der Erreger ist somit unschädlich gemacht worden.
Wie funktioniert ein Antikörpertest auf SARS-CoV-2?
Während beim Rachenabstrich mit der PCR (Polymerase-Kettenreaktion) und auch den Schnelltests genetisches Material – also Antigen – des SARS-CoV-2 und damit eine akute Infektion nachgewiesen wird, wird zum Nachweis von Antikörpern der ELISA Test (Enzyme-Linked Immunosorbent Assay) eingesetzt. Damit kann eine abgelaufene Infektion nachgewiesen werden, wobei zwischen Symptombeginn und Testung mindestens zwei, besser drei Wochen liegen sollten. Auch zur Untersuchung, inwieweit die Bevölkerung oder bestimmte Gruppen bereits Kontakt mit Sars-CoV-2 hatten (Durchseuchungsstudien), können Antikörpertests eingesetzt werden.
Wie genau ist das Ergebnis des Antikörpertests auf SARS-CoV-2?
Aus der Familie der Coronaviren können diverse Arten unterschiedliche Erkrankungen beim Menschen auslösen. Daher kann es bei dem Test auf das Virus SARS-CoV-2 zu Kreuzreaktionen kommen, die zu einem falschen Ergebnis führen. Die Genauigkeit eines Testes, dieses unterscheiden zu können, wird mit der Sensitivität bzw. Spezifität beschrieben. Die Sensitivität gibt den Prozentsatz der Betroffenen an, bei denen die Infektion tatsächlich erkannt wird. Die Spezifität sagt aus, wie viele Gesunde von dem Test auch tatsächlich als gesund erkannt werden.
Fazit:
Eine sichere Immunität kann derzeit durch den Nachweis von Antikörpern nicht bescheinigt werden. Menschen mit positivem Antikörperstatus können sich mit SARS-CoV-2 infizieren, SARS-CoV-2 auf andere Menschen übertragen und an COVID-19 erkranken. Es gibt derzeit keine sicheren Antikörper-Grenzwerte, die einen Schutz vor Infektion bzw. vor leichter /schwerer Erkrankung so zuverlässig definieren, dass sie für den individualmedizinischen Bereich geeignet sind.
Weitere Informationen
- Robert-Koch-Institut: Antikörpernachweise und immunologischer Schutz
- Paul-Ehrlich-Institut: Antikörper nach SARS-CoV-2-Infektion
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Stand: Oktober 2023