Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einem Lipödem, einer chronischen Fettverteilungsstörung. Diese Zahl ist allerdings nur geschätzt, denn häufig wird die chronische Erkrankung nicht als solche erkannt, sondern mit Adipositas (Fettleibigkeit) verwechselt. Was jedoch sehr genau bekannt ist, ist die Tatsache, dass fast ausschließlich Frauen an einem Lipödem erkranken. Häufig tritt die Krankheit bei jungen Frauen nach der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft sowie im Zusammenhang mit den Wechseljahren auf. Ärztinnen und Ärzte gehen davon aus, dass es sich beim Lipödem um eine erbliche Erkrankung handelt, die von Hormonen ausgelöst wird. Eindeutige Studien zur Entstehung eines Lipödems gibt es jedoch noch nicht.

Wie äußert sich ein Lipödem?

Beim Lipödem treten symmetrische Fettanlagerungen an den Beinen und am Gesäß sowie seltener an den Armen auf. Druckempfindlichkeit mit sehr leicht auftretenden Blutergüssen kann die Folge sein. Auffällig ist, dass sich das Lipödem optisch meist in der unteren Körperhälfte zeigt – oft massiv und im Gegensatz zu einem vergleichsweise eher schlanken Oberkörper. Diese unproportionale Gewichtzunahme ist ein wichtiges Erkennungsmerkmal für ein Lipödem. Im Volksmund „Reiterhosen“ genannt, ist die Krankheit besonders bei schlanken Frauen optisch auffällig. Wohingegen sie bei ohnehin übergewichtigen Frauen oft spät auffällt und in der Gesellschaft mit „fett“ abgetan wird. Zu Unrecht!

Beim Lipödem handelt es sich um eine unheilbare Erkrankung mit Dauerschmerzen für die Betroffenen. Das Besondere dabei ist die Neigung zur Verschlimmerung der Erkrankung – man spricht von sogenannter Progredienz. Wenn zu einem Lipödem auch noch ein Lymphödem hinzukommt – durch die dauerhaft hohe Belastung des Lymphgefäßsystems ist dies möglich – spricht man von einem Lipo-Lymphödem.

Die sichtbare und häufig sehr unregelmäßige Gesichtszunahme an den Gliedmaßen ist das eine, was viele Betroffene jedoch weit mehr belastet als die Optik, sind die mit dem Lipödem einhergehenden Schmerzen. Druck-, Berührungs- und Spannungsschmerzen an den Gliedmaßen sowie ein Schweregefühl belasten die Betroffenen im Alltag rund um die Uhr.

Welche Stufen hat ein Lipödem?

Je nach Fettgewebemenge wird das Lipödem in die Stufen I bis III unterteilt, wobei Stufe drei die schwerste Form der Erkrankung beschreibt.

Stadium 1: Glatte Hautoberfläche, feinknotige Fettstruktur und verdicktes Unterhautfett

Stadium 2: Grobknotige Fettstruktur und unebene Hautoberfläche

Stadium 3: Hartes Gewebe und deformierende Fettlappen

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie e.V.

 

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es beim Lipödem?

Bislang wird zur Behandlung eines Lipödems als konservative Therapie vor allem die Kombination aus Manueller Lymphdrainage, Kompres­sionskleidung und Bewegungstherapie empfohlen. Bei der Manuellen Lymphdrainage bewegen Physiotherapeuten durch gezielte Druck- und Zugbewegungen die Lymphflüssigkeit im Körper. Als Sport empfiehlt sich jegliche Form der Wassergymnastik (Wassertreten, Aquafit und Co.), denn das Wasser massiert die Beine, regt den Lymphfluss an und trainiert den Körper so sanft, ohne die Gelenke zu überlasten.

All diese Therapiemaßnahmen müssen jedoch lebenslang durchgeführt werden und sorgen nicht dafür, dass die Erkrankung Lipödem gänzlich verschwindet. Lediglich zu einer Linderung der mit dem Lipödem verbundenen Beschwerden können sie beitragen. Auch wenn das Lipödem immer noch mit Adipositas verwechselt wird, kann eine Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patientinnen bzw. das Halten des eigenen Normalgewichts dazu beitragen, die durch ein Lipödem verursachten Schmerzen zu lindern. Eine gesunde, ausgewogene Ernährung unterstützt dabei.

Was ist eine Liposuktion?

Die einzig operative Therapiemöglichkeit für ein Lipödem ist die Liposuktion. Bei einer Liposuktion wird der krankheitsbedingt vermehrte Fettgewebeanteil operativ durch eine Fettabsaugung entfernt. In den meisten Fällen sind dafür mehrere Operationen nötig. Die Liposuktion ist keine reguläre Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Lediglich bei einem Lipödem mit Stadium III besteht bislang die Möglichkeit, dass im Rahmen einer Einzelfallentscheidung die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden.

Aktuell wird anhand einer Erprobungsstudie geprüft, ob sich dies bald ändert und falls ja, bei welchen Erkrankungsstadien des Lipödems die Kosten für eine Liposuktion von der Krankenkasse übernommen werden. Denn fest steht schon jetzt: Schmerzen und Körperumfang können mit einer Liposuktion deutlich reduziert werden, ebenso wie orthopädische Schädigungen durch Überlastung des Bewegungsapparates sowie die psychischen Belastungen.

Lipödem am Arbeitsplatz

Arbeitnehmerinnen, die ein Lipödem haben, sollten im Arbeitsalltag darauf achten, nicht zu lange zu sitzen oder zu stehen. „Lymphgerechtes Sitzen“ beschreibt eine Sitzposition, in der Sie möglichst im Bauchraum nicht zu sehr einknicken, um den Lymphabfluss nicht zu behindern. Die Abwechslung aus sitzender und stehender Tätigkeit fördert zudem den Lymphabfluss. Dabei ist die richtige Einstellung des Bürostuhls umso wichtiger, damit die Beine im Sitzen nicht baumeln, sondern gut aufgestellt sind. Außerdem kann eine falsche Sitzhöhe dazu führen, dass Druck auf die Oberschenkelrückseite ausgeübt wird. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch ist ebenfalls förderlich.

Achten Sie bei (Arbeits-)Kleidung darauf, dass diese nicht zu eng sitzt und nichts eingeengt wird, z. B. zu enge Sockenbündchen oder Hosenbeine. Nach Möglichkeit zwischendurch die Beine hochlegen, ein kurzer Spaziergang in der Mittagspause und ein paar Minuten, um mit den Zehen zu wackeln und die Fersen anziehen – das sollte am Arbeitsplatz möglich sein.

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Foto: Anelya Okapova, unsplash

Stand: September 2024